Seit Mai 2016 werden 10 Athleten vom Olympiazentrum Vorarlberg intensiv betreut. Der Begriff „All in“ leitet sich entfernt vom Pokern ab – mit einem wesentlichen Unterschied: Es geht nicht um ein Glücksspiel sondern darum, dass jemand alles einsetzt, was er oder sie hat. Wie die 10 Athleten das genau machen, haben sie uns in der ALL-IN-Portraitserie verraten, in der wir sie genauer unter die Lupe genommen haben.
CHRISTIAN HIRSCHBÜHL
Hintergrundinfos/Facts…
- Christians größter Erfolg bisher war der 7. Rang im WC Slalom 2016 in Kitzbühel.
- Die Kreuzbandverletzung vor 2 ½ Jahren hat ‚Hirschis‘ Persönlichkeit und seine Einstellung zum Training geprägt.
- Hirschi setzt im Training vor allem auf Qualität. Er bereitet jede Einheit mit seinem bereits vorhandenen fachlichen Wissen durch ein gutes Warm-up akribisch vor. Diese Möglichkeit hilft ihm, in der kurzen Sommertrainingsphase nochmals einen Schritt weiter nach vorne zu kommen.
- Hirschi war in den drei Monaten im Sommer nahezu jeden Tag im Olympiazentrum (außer sonntags). Auch an den Samstagen hat er mit Manuel Hofer z.T. harte Einheiten absolviert.
- Physiotherapeut Manuel Hofer über Hirschi: ‚Ich traue ihm für diesen Winter alles zu‘.
Nachgefragt…
- Was bedeutet Spitzensport für dich?
Spitzensport heißt für mich, dass ich auf dem höchsten Leistungsniveau in der jeweiligen Sportart an der Weltspitze bin. Das ist Spitzensport für mich. Es bedeutet für mich zudem, dass man sich am Leistungshöhepunkt befindet.
- Worin liegt deiner Meinung nach der Unterschied zwischen einem guten Sportler und einem Spitzensportler?
Du musst das Leistungsniveau in jedem Bereich extrem hinaufschrauben bzw. an deine Leistungsgrenze gehen, sonst wirst du nichts gewinnen. Im Spitzensport geht es um das Gesamtpaket. Körper, Kopf und Geist müssen im Einklang sein. Wenn du alles an die 100% hinbringst und enorm akribisch arbeitest, dann bist du der Spitzensportler.
- Wie schaut dein Trainingsalltag aus bzw. dein Trainingspensum?
Wenn ich jetzt z.B. die Vorbereitungszeit in Neuseeland hernehme – da waren wir 23 Tage. Davon hatten wir 19 Tage Skitraining und drei mehr oder weniger ‚freie‘ Tage, da an denen trotzdem die Aktivierung für den nächsten Tag stattfindet. Aufstehen, Frühstücken, Trainieren, Mittagessen, kurze Regenerationsphase, Training, Physio, Videoanalysen, Essen, Schlafen. So kann man sich den Trainingsalltag dort vorstellen.
Im Sommer, muss ich ganz ehrlich sagen, genieße ich die Zeit wenn ich mal daheim sein kann. Das Problem ist nur – hier geht mir mein Kondi-Trainer dann ziemlich auf den Sack (lacht – Manuel Hofer befindet sich nämlich auch gerade im Raum). Ich hab in den drei Monaten bis auf die Sonntage jeden Tag im Olympiazentrum trainiert.
- Auf was verzichtest du aufgrund vom Spitzensport?
Ich denke, dass der Kollegenkreis ein bisschen darunter leidet. Es ist oft schwierig die Freundschaften zu pflegen. Das ist ein Punkt der ein bisschen Wehmut in mir hervorruft. Aber das ist das Opfer das du bringen musst.
Was Verzicht im Bereich Ernährung oder den Trainingsalltag betrifft – da ist jeder selbst für sich verantwortlich und jeder entscheidet wie akribisch er arbeitet.
- Was sagst du zu dem Begriff „Olympia-Tourist“?
Auf der einen Seite geht der Begriff gar nicht, weil alleine der Weg den du gehen musst, dass du dort hinkommst schon extrem ist. Ich denke auch, dass die Teilnahme an sich schon ein Erfolg ist. Allerdings ist der Spruch ‚dabei sein ist alles‘ schon auch ein bisschen weitläufig. Wenn ich als Spitzensportler bei Olympia dabei bin, dann ist eine Medaille der Fokus. Das ist das einzige was zählt. Es ist zwar eine Teilnahme an sich schon ein Erfolg, aber gemessen wird man von der Öffentlichkeit schlussendlich nur an den Medaillen.
- Welche Schlagzeile würdest du am liebsten über dich selbst lesen?
‚Hirschbühl schlägt Hirscher‘
- Wenn du kein Sportler wärst, welchen Beruf würdest du dann am liebsten ausüben?
Physiotherapeut. Der menschliche Körper und wie man schon durch Kleinigkeiten jemandem helfen kann damit es ihm besser geht, fasziniert mich sehr. Auch, dass man mit Leuten zu tun hat. Das wäre sicher ein Beruf, der mich jetzt abgesehen vom Skifahren, reizen würde.
- Wer hat den größten Einfluss auf dich? Und warum?
Ich selbst habe den größten Einfluss auf mich, weil schlussendlich bin ich der, der am Start steht und die Leistung bringen muss. Natürlich gibt es in meinem Umfeld einige Leute denen ich zu verdanken habe, dass ich da bin wo ich bin. Allen voran mein Papa, weil ohne ihn wäre das alles nicht möglich gewesen. Den Support den ich von ihm bekommen habe, den kann ich so gar nicht zurückgeben. Es sind auch Institutionen, wie das Olympiazentrum, das mich immer unterstützt hat in Form von Förderungen, Trainingsmöglichkeiten und auch Trainer. Der Kondi-Trainer den ich jetzt schon mehrere Jahre habe, der mich in der Reha aufgebaut hat und mich wieder zurückgebracht hat, hat auch großen Einfluss auf mich. Und ja klar – meine Familie und das engere Umfeld.
- Was ist dein größter Traum in Bezug auf deine sportliche Karriere?
Eigentlich lebe ich einen Teil meines Traums gerade, weil es gibt nichts Schöneres als das Hobby zum Beruf zu machen. Und ich wünsche mir Gesundheit. Dass mein Körper gesund ist und ich die nächsten Jahre erfolgreich Skifahren kann.
- Welcher der 10 „All-In-Athleten“ steht dir am nächsten? Und wem traust du am meisten zu?
Der erste der mir einfällt ist der Fredi (Frederic Berthold). Wir waren in Stams gemeinsam in der Schule und haben uns ein Zimmer geteilt. Auch mit Daniel Meier verstehe ich mich sehr gut. Er ist wie auch auch schon sein Leben lang mit dem Skifahren verbunden und wir sehen uns sehr oft. Luki (Lukas Mathies) war ebenfalls mit uns in der Klasse in Stams. Wir hatten immer schon ein gutes Verhältnis zueinander, da wir beide gleich ticken, die selbe Einstellung zum Sport und Training haben.
Vervollständige…
Meine Lieblingsbeschäftigung außerhalb von meinem Sports… ist eine schwere Frage, weil momentan gibt’s nur meinen Sport. Ansonsten muss ich sagen, dass ich brutal gerne esse (lacht).
Mein Ritual vor Wettkämpfen ist… ein Geheimnis.
Gegen Nervosität hilft… Bauchatmung.
In den Wahnsinn treibt mich… meine Ungeduld.
Glück bedeutet für mich… gesund und im Einklang mit mir selbst zu sein.
Ein Laster von mir ist… meine Ungeduld.
An dem Ort in dem ich lebe, begeistert mich… die Vielfalt.
Das verrückteste Erlebnis in meiner sportlichen Laufbahn war… Kitzbühel.
In meinem Kühlschrank darf nie fehlen… Eiweiß.
Der beste Song aller Zeiten ist… gibt mehrere.
Word-Rap…
Motivation: der nächste Sprung
Ehrgeiz: Grundvoraussetzung
Vorbild: mein Vater
Soziale Medien: zur heutigen Zeit notwendig
Sponsoren: sehr wichtig
Karriere: ist für mich eigentlich das ganze Leben
Konkurrenten: haben meinen Respekt
Popularität: kommt automatisch
Foto: GEPA pictures/ Daniel Goetzhaber